European Union - Commodities/Derivatives/Stock Exchanges (2024)

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12 June 2024

TW Taylor Wessing PartG mbB

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Bei dem EU-Listing Act handelt es sich um ein Gesetzespaket (bestehend aus einer Verordnung und zwei Richtlinien), mit dem der europäische Gesetzgeber das Ziel verfolgt, ...

European Union Finance and Banking

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Bei dem EU-Listing Act handelt es sich um ein Gesetzespaket(bestehend aus einer Verordnung und zwei Richtlinien), mit dem dereuropäische Gesetzgeber das Ziel verfolgt, dieAttraktivität der Kapitalmärkte in der EU zu stärkenund für europäische Emittenten den mit ihrerBörsennotierung verbundenen Regulierungsaufwand zu senken.Unter anderem sieht der EU-Listing Act Änderungen der Vorgabender MAR zur Ad hoc-Publizität vor. Konkret werden in diesemBereich drei wesentliche Neuerungen erfolgen.

Das von der Kommission vorgelegte Paket (siehe zumKonsultationsverfahren bereits unser Briefing vom 11. Juli 2022) hat– nachZustimmung des Europäischen Rats am 14. Februar 2024 –am 24. April 2024 auch das Europäische Parlament gebilligt.Die förmliche Annahme durch den Europäischen Rat stehtderzeit noch aus. Die Änderungen der MAR durch den EU-ListingAct sollen dann 18 Monate nach der Veröffentlichung undInkrafttreten der betreffenden Änderungsverordnung imEU-Amtsblatt anwendbar sein. Nach Einschätzung von Vertreternder Kommission ist mit der förmlichen Annahme durch den Ratund der anschließenden Veröffentlichung im Amtsblatt,unter anderem aufgrund der noch ausstehenden Übersetzung desbislang nur in der englischen Sprachfassung finalen Textes insämtliche Amtssprachen, nicht vor Ende des Jahres 2024 zurechnen.

Die nachfolgende Übersicht ordnet die drei wesentlichenNeuerungen im Recht der Ad hoc-Publizität ein und gibt einenersten Ausblick auf die Konsequenzen für die Praxis.

Es soll eine Neuorientierung bei derZwischenschritt-Publizität bewirkt werden

Insider- und Ad-hoc-Recht werden partiell entkoppelt.Künftig soll rechtsfolgenseitig zu unterscheiden sein zwischenInsiderinformationen, die lediglich" das Verbot vonInsidergeschäften begründen, und solchen, welcheaußerdem die Ad hoc-Publizität auslösen.

Unter Beibehaltung der gegenwärtigen Definition derInsiderinformation in Art. 7 MAR soll einerseits die Pflicht zur Adhoc-Veröffentlichung künftig nicht mehr fürZwischenschritte bei gestreckten Sachverhalten gelten. Beigestreckten Vorgängen sollen Emittenten lediglich verpflichtetsein, das Endereignis veröffentlichen. Andererseits ist beiZwischenschrittinsiderinformationen" weiterhin das Verbot vonInsidergeschäften zu beachten.

Konsequenzen für die Praxis:

Die rechtsfolgenseitige Unterscheidung bedingt Anpassungen beiden notwendigen Prüfungen und unternehmensinternenAbläufen:

  • Zwar werden Zwischenschritte in einem zeitlich gestrecktenVorgang grundsätzlich von der Veröffentlichungspflichtper Ad hoc-Mitteilung ausgenommen sein, stattdessen sind sie aberGegenstand einer strengen Geheimhaltungspflicht bis zur Offenlegungdes Endereignisses per Ad hoc-Mitteilung.

    Liegt ein Zwischenschritt vor, der für sich genommen dieKriterien der Insiderinformation erfüllt, ohne dassgleichzeitig auch das Ergebnis des Gesamtvorgangs bereits eineInsiderinformation darstellt, greift das Verbot vonInsidergeschäften und es ist die Geheimhaltung derZwischenschritt-Insiderinformation sicherzustellen und fortlaufendzu überprüfen.

    Die den Emittenten treffende Pflicht zur Geheimhaltung einerZwischenschritt-Insiderinformation ist neu und geht über dasbisherige und auch weiterhin bestehende Verbot derunrechtmäßigen Offenlegung hinaus. Die neue Vorschriftverbietet nicht nur die Offenlegung, sondern verpflichtet dazu, dieGeheimhaltung zu gewährleisten. Die pflichtgemäßeGewährleistung der Geheimhaltung setzt organisatorischeMaßnahmen voraus. Emittenten sollten rechtzeitig vorInkrafttreten der Änderungen überprüfen, ob sie dieerforderlichen Strukturen und Prozesse eingerichtet haben.

    Bei Vorliegen einer Insiderinformation ist weiterhin eineInsiderliste anzulegen und bei Bedarf zu aktualisieren. Die auf derListe erfassten Personen werden über ihre Aufnahme in dieListe in Kenntnis gesetzt und entsprechend sensibilisiert. Bei derin diesem Zusammenhang erfolgenden Belehrung und Aufklärungüber das Verbot von Insidergeschäften und das Verbot derunrechtmäßigen Offenlegung sollten auch dieImplikationen aus der neuen Emittentenpflicht zur Geheimhaltungberücksichtigt werden.

    Ein Aufschub kommt bei Zwischenschrittinsiderinformationen nichtmehr in Betracht, da noch keine Offenlegungspflicht besteht.

  • Ausnahmsweise wird auch für eineZwischenschrittinsiderinformation die unverzüglicheOffenlegung erforderlich sein, wenn die Geheimhaltung nicht mehrsichergestellt werden kann, etwa, weil Gerüchte über dieInformation kursieren.

    Diese Ausnahme erscheint wenig konsequent, da sie in einer Vielzahlder praktisch bedeutsamen Fälle keine wirkliche Entlastungerwarten lässt. Neben den neuen Maßnahmen zurGeheimhaltung sind aufgrund der Ausnahme de facto auch fürZwischenschrittinsiderinformationen vorsorgliche Adhoc-Mitteilungen zu entwerfen und Maßnahmen für eineetwaige frühzeitige Veröffentlichung zu treffen, da trotzder Maßnahmen zur Geheimhaltung nicht gänzlichauszuschließen sein dürfte, dass es aufgrund eines Leakszu einem Gerücht kommt.

  • Bei fortbestehender Geheimhaltung ist bei einem Zwischenschrittmit weiterem Fortgang des gestreckten Vorgangs und einzelnenweiteren Zwischenschritten laufend zu prüfen, ob inzwischendas Endereignis ausreichend wahrscheinlich und präzisegeworden ist, um als solches die Kriterien einer Insiderinformationzu erfüllen.

    Bejahendenfalls entsteht die Pflicht zur Adhoc-Veröffentlichung im Hinblick auf das Endereignis und esist gegebenenfalls über die Möglichkeit des Aufschubs derVeröffentlichung des Endereignisses und nachfolgend überdie Aufrechterhaltung oder Beendigung eines solchen Aufschubs zuentscheiden.

    Die exakte Abgrenzung zwischen (noch) Zwischenschritt undhinreichender Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des sichanbahnenden Endereignisses erscheint schwierig. Die herrschendeMeinung entnimmt dem Geltl-Urteil weit überwiegend einWahrscheinlichkeitserfordernis von über 50 %. Dies folgt abernicht aus einer eindeutigen Aussage des EuGH in demeinschlägigen Urteil, sondern nur daraus, dass der EuGHseinerzeit alle anderen Auslegungsvorschläge der dem Urteil zuGrunde liegenden Vorlage des BGH verworfen hat. Neben dieserrechtlichen Unsicherheit sind außerdem noch praktischeProbleme bei der Wahrscheinlichkeitsbestimmung im konkretenEinzelfall zu erwarten.

    Beide Aspekte spielten in der Praxis bisher nur eine untergeordneteRolle, weil unabhängig vom künftigen Endereignis auchjeder gegenwärtige Zwischenschritt eine präziseveröffentlichungspflichtige Information begründen konnte.Zukünftig werden sich eine praxistaugliche und belastbareAbgrenzung sowie und eine Best Practice zurWahrscheinlichkeitsbestimmung noch herausbilden müssen.

Die Kommission soll per delegiertem Rechtsakt eine nichtabschließende Liste einschlägiger Informationen"festlegen, einschließlich des jeweiligen Zeitpunkts, zu demvom Emittenten nach vernünftigem Ermessen erwartet werdenkann, dass er die Information offenlegt"

Durch die Liste soll eine europaweit einheitliche Auslegung derMAR gewährleistet werden, an der es bislang nach Auffassungdes Unionsgesetzgebers mangelte, und es soll Emittenten mitgrößerer Rechtssicherheit ermöglicht werden, denrichtigen Offenlegungszeitpunkt zu ermitteln.

Der Katalog wird voraussichtlich im Laufe desÜbergangszeitraums von 18 Monaten bis zum Inkrafttreten derNeuregelungen des EU-Listing-Acts Konturen annehmen. Die Kommissionwird den Sachverstand der ESMA, möglicherweise aber auchweiterer Experten, für die Zusammenstellung der relevantenRegelbeispiele einbinden. Von Vertretern der Praxis ist der Wunschformuliert worden, dass die Liste möglichst extensiv ausfallenmöge. Ob der Katalog für die Praxis verwertbar sein wird,hängt entscheidend davon ab, ob es der Kommission gelingt, einausgewogenes Verhältnis zwischen notwendiger Abstraktheit undillustrativer Konkretisierung herzustellen.

Konsequenzen für die Praxis:

Da der Katalog im Einzelnen noch nicht absehbar ist, bleibtabzuwarten, inwieweit für die Praxis ein absehbarer Bedarffür Abweichungen von den darin benannten Regelbeispielenaufkommen wird und welchen Umfang die Prüfung derVeröffentlichungspflicht im Hinblick auf nicht benannteFälle einnehmen wird.

  • Da in der Praxis Sachverhalte mit spezifischen Besonderheitenauftreten, muss eine andere Bewertung als in dem Katalog fürden Regelfall vorgesehen möglich bleiben.

    Regelbeispiele, wie bisher in Deutschland im Emittentenleitfadender BaFin aufgeführt, sind stets im Einzelfall dahingehend zuprüfen, ob eine zu veröffentlichende Insiderinformationvorliegt. Dabei kommt es stets auf die konkreten Umständean.

    Etwaige von der Regel abweichende Bewertungen werdenausführlich zu begründen und zu dokumentieren sein.

    Losgelöst von einem konkreten Sachverhalt könnenEmittenten in engen Grenzen Linien festlegen, wie sie bestimmteRegelbeispiele zu interpretieren gedenken, um im Ernstfall eineweitere Orientierungshilfe an der Hand zu haben.

  • Klar ist bereits jetzt, dass trotz der noch zu erlassendenRegelbeispiele die Frage der Veröffentlichungspflicht imGrundsätzlichen niemals obsolet werden wird. Jederallgemeinverbindliche Katalog ist niemals vollständig undimmer unvollkommen.

    Da die von der Kommission zu benennenden Beispiele nichtabschließend sein werden, können aufgrund der konkretenUmstände des Einzelfalls immer auch weitere Sachverhalteveröffentlichungspflichtig sein. Die von Emittenten zutreffenden organisatorischen Vorkehrungen, die sicherstellen, dassdie zuständigen Ad-hoc-Komitees bei Bedarf zusammentreten, umim Einzelfall das Vorliegen einer zu veröffentlichendenInsiderinformation zu überprüfen und die Eignung einerangenommenen Insiderinformation zur erheblichen Kursbeeinflussungfestzustellen, müssen daher auch außerhalb des Katalogsder Regelbeispiele wirksam sein.

    Da der von der Kommission zu erlassende Katalog ausdrücklichnicht abschließend sein wird, wird der Emittentenleitfadender BaFin in Deutschland weiterhin eine praktische Bedeutung haben,soweit die darin beschriebenen Regelbeispiele nicht auch von demnoch zu erlassenden Katalog abgedeckt sein sollten.

Die bisher in den ESMA-Leitlinien geregelten Konkretisierungenfür den Aufschub der Veröffentlichung einerInsiderinformation sollen künftig unmittelbar durch die MARgeregelt werden

Bisher ist gemäß Artikel 17 Abs. 4 MAR eineVoraussetzung für den Aufschub, dass der Aufschub nichtgeeignet ist, die Öffentlichkeit in die Irre zu führen.Die Eignung zur Irreführung hat die ESMA mit ihren Leitlinienin dreifacher Hinsicht konkretisiert. Danach soll die Eignung zurIrreführung mindestens dann anzunehmen sein, so dass einAufschub ausscheiden würde, wenn

  • die betreffende Insiderinformation sich wesentlich von denfrüheren öffentlichen Bekanntmachungen des Emittenten inder gleichen Angelegenheit unterscheidet,
  • die betreffende Insiderinformation zum Gegenstand hat, dassvorher verlautbarte finanzielle Ziele des Emittenten verfehltwerden,
  • oder, wenn die betreffende Insiderinformation im Widerspruch zueiner Markterwartung steht, die der Emittent zuvor selbst durch anden Markt gesendete Signale geschürt hat.

Durch die künftige unmittelbare Regelung in der MAR werdendiese Leitlinien von ihrem bisherigen Status als Auslegungshilfe inden Rang verbindlicher Aufschubvoraussetzungen erhoben.

Konsequenzen für die Praxis:

  • Aufgrund der künftig höheren Verbindlichkeit wird denEmittenten weniger Beurteilungsspielraum verbleiben, um in derkonkreten Situation einer abweichenden Auslegung des MerkmalsEignung zur Irreführung" zu folgen. In deneinschlägigen Fällen wird künftig in aller Regeleine Ad hoc-Pflicht anzunehmen sein, was bedeutet, dass derSpielraum für einen etwaigen Aufschub sich erheblichreduzieren wird.
  • Ein gewisser Spielraum besteht aber weiterhin, solange noch derErkenntnisbereich betroffen ist, beispielsweise, wann intatsächlicher Hinsicht von dem Eintritt einesoffenlegungspflichtigen Ereignisses, beziehungsweise derüberwiegenden Wahrscheinlichkeit des Eintritts, auszugehenist.

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Author: Sen. Emmett Berge

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